Warmer Applaus, schon vor der Darbietung. Natürlich hätte man überlegt, den Spieltermin auszusetzen. Zwei Tage nach Paris und einen Tag nach der Stadionevakuierung in Hannover ist ein Theaterstück über einen geplanten Terroranschlag auf ein Stadion tatsächlich mehr im, als am Nabel der Zeit. Dabei sind die moralischen Fragen, die „Terror“ aufwirft, zeitloser als jede Anschlagswelle, folglich öffnete sich der Vorhang:
Lars Koch (Simon Rußig) ist des 164-fachen Mordes angeklagt.
Als Pilot eines Abfang-Militärjägers der Luftwaffe hatte er sich dazu entschieden, ein voll besetztes Passagierflugzeug entgegen Befehl und Rechtslage abzuschießen, da der von einem Terroristen gekaperte Flieger in die mit 70.000 Menschen befüllte Allianzarena in München fliegen sollte.
Über allem schwebt die Fage der Schuld
„Terror“ gibt ausschließlich die Gerichtsverhandlung über Schuld oder Unschuld des Lars Koch wieder. Zeugen, Kläger, Anklage und Verteidigung treten auf, den Blick stets dem Publikum entgegen gerichtet, das am Ende die Aufgabe eines Schöffengerichts übernehmen wird. 98:38 wird am Ende die Stimmenauszählung ergeben. Mit welchem Ausgang ist unerheblich, da mit jeder Aufführung auf der Kippe stehend.
Die Kammer des Stadttheaters inszeniert „Terror“ dem klinischen Ablauf einer Gerichtsverhandlung entsprechend. Natürlich schwebt über allem die moralische Frage der persönlichen Schuld, Menschenleben gegeneinander aufgewogen zu haben. Eine Frage, mit der sich vermutlich jeder schon einmal im Leben auch ohne „Terror“ auseinander gesetzt haben wird. Von daher ist die bewusst in sterilem Militärduktus vorgetragene Verfahrensweise und Rechtslage das eigentlich erhellende der Aufführung.
Interessant auch die Entscheidung, das Publikum mit einer Urnenabstimmung in die Pause zu schicken. Wertungsfrei gesagt: „Terror“ ist so spannend wie eine Gerichtsverhandlung – für Freunde von Gleichungen und Textaufgaben. Doch wahrscheinlich ist genau das das Ziel der Inszenierung. Die Klärung heikler Fragen bedarf eben nicht immer eines großen Spektakels. Neben Simon Rußig als geständiger Angeklagter gefällt vor allem Markus Weickert als protokollverhafteter Mittelmann der Verfahrenskette. \ tg
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