Schon mal überlegt, wie es wäre, wenn man statt mit dem nervigen WG-Mitbewohner mit einem kommunistischen Känguru zusammenleben würde? Weniger anstrengend ist das zwar nicht – eher ein ganz besonders nerviger Zeitgenosse – aber immerhin plüschig. Und latent gewaltbereit. Und stinkfaul. Und vorlaut. Aber dennoch könnte das der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sein.
Genauso geschieht es bei Kleinkünstler Marc-Uwe Kling. Plötzlich steht ein Känguru vor seiner Tür. Mit dem Wunsch Eierkuchen zu backen. Es hat aber keine Eier, kein Rührgerät und auch keinen Backofen. Und so kommt es irgendwie, dass das Känguru nicht nur vor der Tür steht, sondern bald darauf gleich ganz bei dem Kleinkünstler einzieht.
Vor einigen Jahren waren die insgesamt drei Bücher und Hörbuchversionen der Känguru-Reihe fest auf den Bestsellerlisten der großen und kleinen Buchläden verankert. Autor, Liedermacher und Kabarettist – eben ein Kleinkünstler – Marc-Uwe Kling erzählt Szenen des Zusammenlebens mit dem kommunistischen Känguru. Seine Hörbuchversion mit allen von ihm selbst gesprochenen Rollen sind inzwischen Kult. Jetzt also auch auf der Bühne.
Einige Versuche gab es schon, den Stoff bühnentauglich zu machen. Die jetzt im Mörgens uraufgeführte Version ist erstmals von Marc-Uwe Kling selbst verfasst worden. Und genauso wird sie auch gespielt, eher intuitiv. „Wir spielen jetzt die erste Szene“, fordert der Kleinkünstler (Martin Krah) also von seinem Känguru (Marie Hacke). Das sich erstmal gegen den Vermarkungswahn der eigenen Geschichte sträubt.
Aber das scheint in seiner Natur zu liegen, eigentlich sträubt es sich gegen so ziemlich alles. Gegen die bürgerlichen Kategorien „Meins“ und „Deins“, gegen den Zahlzwang in der Kneipe, gegen Arbeit jeder Art. Und genau da liegt das Problem: Dem stinkfaulen Känguru droht die Abschiebung. Weil es der Gesellschaft keinen Nutzen bringt. Was für ein „Scheißverein“.
Also leistet es gemeinsam mit dem Kleinkünstler und jeder Menge Live-Musik kreativen Widerstand gegen die Scheißvereine dieser Welt. Unterstützt werden sie dabei auf der Bühne durch Musiker Malcolm Kemp und Simon Rußig, der famos alle weiteren Rollen übernimmt, die es so gibt: die prollige Thekendame Helga, die Frau vom Jobcenter, der unsichere Bankbeamte, der Patriot, der Psychiater des Kleinkünstlers …
Eine gelungene Bühnenadaption. Komisch, originalgetreu und doch neu. Zwei Stunden Spaß mit dem irgendwie doch sehr liebenswerten Känguru und seinen Begleitern. Da wünscht man sich glatt eines für Zuhause. Geht nicht? „Ich bin ein sprechendes Känguru, ich scheiß auf Realismus.“ \ cr
3., 5., 13.+20.11.
„Die Känguru-Chroniken“
20 Uhr, Mörgens, Theater Aachen
Tickets gibt es bei KlenkesTicket im Kapuziner Karree.
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