Es handelt sich dabei um drei einaktige Opern, die inhaltlich nichts miteinander zu tun haben. Doch könnte man sie musikalisch wie eine Sinfonie verstehen: Einem höchst dramatischen 1. Satz folgt ein langsamer, tragischer. Beschlossen wird das Ganze dann von einem sehr temperamentvollen Finalsatz.
Von Heiner Jordan
1. Satz: „Il Tabarro – der Mantel“
Zu leise wogenden, düsteren Klängen entfaltet sich die Handlung, die an einem Hafen der Seine spielt. Zunächst widmet sich Puccini in vielfältigen Klangfarben (unter der Leitung von Kazem Abdullah vom Orchester sehr dicht gespielt) dem Milieu und der Atmosphäre.
La Frugola (stark: Leila Pfister) singt davon, dass sie von einem kleinen Häuschen träumt. La Talpa, ihr Mann (Pawel Lewreszuk, gewohnt überzeugend) meidet sie und trinkt. Luigi (Alexey Sayapin: lyrisch und kraftvoll überwindet er oft das volle Orchester) spricht in einer ersten ergreifenden Arie allen aus dem Herzen. Seine leidenschaftliche Liebe zur Frau seines Kapitäns ist für ihn wie aber auch für sie, Giorgetta (ihm gesanglich und spielerisch ebenbürtig: Linda Ballova), wie eine Flucht aus diesem mühseligen Leben. Aber das kann nicht gutgehen.
Die Klänge der Drehorgel, zu der die beiden Walzer tanzen, sind dissonant verstimmt. Immer wieder überrascht Puccini mit sehr schrägen Klängen, die aus dem Klanggewebe scharf herausstechen. Michele, Giorgettas Mann, ahnt ihre Untreue. Woong-jo Choi singt ihn sehr sonor, machtvoll, sodass er irgendwie starr und bedrohlich wirkt…
2. Satz: „Suor Angelica – Schwester Angelica“
Die verwaiste Angelica (ergreifend: Irina Popova) wurde unehelich schwanger, ihr Kind – ein Sohn – wurde ihr weggenommen und sie von ihrer Tante (in ihrer kalten Härte überzeugend: Marion Eckstein) vor sieben Jahren ins Kloster gesteckt.
Wieder beginnt Puccini mit der Darstellung der Atmosphäre und des Milieus: Unter statisch lieblichen Klängen erdulden die Nonnen Maßregelungen ihrer Oberin wegen kleiner Vergehen. Dann singen sie von ihren Wünschen: „Die Wünsche sind die Blumen des Lebens. Die Toten haben keine Wünsche.“
Auch die Lebenden sollen keine Wünsche haben. Nach ihren Wünschen gefragt verschweigt Angelica dann, wovon sie träumt: zu erfahren, wie es ihrem Kind geht. Auf die Frage nach dem Wohlergehen des Sohnes erklärt die Tante, der sei vor zwei Jahren an einer Krankheit gestorben. Angelica trauert um ihren Sohn und beschließt zu sterben und braut sich einen Schierlingstrank. Als es zu spät ist, erkennt sie im Selbstmord die Todsünde und bereut sie.
Da öffnet sich der Himmel und ihr Sohn geleitet sie ins Paradies. Die Handlung gilt als kitschig. Zeitgemäß ist sie gewiss nicht. Trotzdem ist die Oper bewegend und bewegend inszeniert wegen diese Kontrastes: Statik, Lebensfeindlichkeit, Kälte einerseits und der Sehnsucht nach einer Welt, in der Wünsche noch galten andererseits. Ergreifend ist Angelicas große Arie zum Schluss.
3. Satz: „Gianni Schicchi“
Und dann kommt das große Finale. Wieder geht es um Tod und Betrug. Die Frage nach der Schuld geht aber im Gelächter unter: Die gierigen Verwandten umlagern den sterbenden Buoso. Im Moment des Todes suchen sie bereits das Testament.
Ständig sind sie in Bewegung, ihr Gesang ein gut koordiniertes Chaos. Die Oper hat etwas Tänzerisches. Sie finden das Testament: Alles geht ans Kloster. Große Depression. Rinuccio (Alexey Sayapin), unstandesgemäß verliebt in Lauretta (wunderbar: Suzanne Jerosme) hat eine Idee: Laurettas Vater, Gianni Schicchi (mit viel Witz: Enrico Marabelli) wäre immer für eine krumme Idee zu haben.
In diesem missgünstigen, theatralischen Gezerre singt Lauretta eine der schönsten Liebesarien Puccinis. Sie will ihren Vater erweichen. Dann kommt ihnen doch eine Idee. Don Buoso wird beiseite geschafft, Schicchi als Sterbender Buoso drapiert, das Testament beseitigt, der Notar geholt und Schicchi diktiert ihm nun ein neues Testament. Ein langer Opernabend, aber ohne Längen.
1., 5. und 8.2.
19 Uhr
Tickets gibt es bei KlenkesTicket im Kapuziner Karree.
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