Es ist totenstill im Saal, als Christian alias Abu Qatadah (Malte Sachtleben), ein konvertierter Muslim aus dem Ruhrgebiet, auf die Bühne tritt und dem Publikum die Botschaft des Islamischen Staates verkündet. Er sieht im Publikum „viele junge Leute, die den Dschihad weiter tragen werden“ und mahnt zur Gottesfurcht. So beginnt die Reise „Inside IS“.
Das Stück erzählt die Geschichte von Jügern Todenhöfer und seinem Sohn Frederic, die 2014 gemeinsam für zehn Tage nach Syrien reisen, um mit dem Hassprediger Abu Qatadah (Malte Sachtleben) und dem Kalifen (ebenfalls Malte Sachtleben) zu sprechen. Dabei stehen die Konversationen mit den IS-Anhängern im Vordergrund und dementsprechend auch jede Menge Hasspredigten.
Schicksale und „typische Opfer“
Gut, dass Yüksel Yolcus bei seiner Bühnenfassung auch seine eigenen Forschungen mit auf die Das Da-Bühne bringt und es einen zweiten Handlungsstrang gibt. Im Vordergrund stehen hier Einzelschicksale von jungen Deutschen, die vom IS rekrutiert wurden.
Die Protagonisten dieser Geschichte sind der junge Said (Mehdi Salim), ein desillusionierter Rückkehrer aus Syrien und der als Märtyrer gestorbene Fabian (Ali Marcel Yildiz). In einem Gefängnis kümmert sich der Imam (Klaus Beleczko) um konvertierte und straffällige Muslime. Dort lernt er Said kennen. Zusammen mit Fabians Eltern (Achim Bieler, Regina Winter) ergründen sie nun seine Geschichte.
Diese scheint typisch für junge Menschen, die anfällig für die IS-Propaganda sind: Seine Eltern ließen sich scheiden, er musste mit seiner Mutter in einen kleinen Ort ziehen, wo er sich nicht wohlfühlte. Sein Vater interessierte sich nicht für ihn. In einer Gesellschaft, in der er vermeintlich alleine war und in der sich niemand für ihn interessierte, entschied er sich für den Kampf gegen die Ungerechtigkeit in Syrien.
Fragen – aber keine Antworten
Auch wenn das Stück teilweise auf ausgetretenen Pfaden wandelt, machen die schauspielerische Leistung und die emotionalen Auftritte aller Schauspieler das wieder wett. Das Stück wirft viele Fragen auf: Woher kommt der Hass, der Jugendliche dazu verleitet, dem IS beizutreten? Wieso ziehen sie für eine Ideologie in den Krieg? Und wie kann man verhindern, dass die starke IS-Propaganda so viele Jugendliche für sich gewinnen kann? Das Stück gibt keine Antworten auf diese Fragen. Wäre aber vielleicht auch zu viel verlangt.
„Man muss seinen Lebensweg selber gehen, das darf man nicht andere entscheiden lassen.“ So endet das Stück mit Fabians Worten, die noch einmal zum Nachdenken anregen. Der Abend schließt mit minutenlangem Applaus für das ganze Team. Verdient. \ jah
8., 9., 10., 11., 14., 15.+22.2.
„Inside IS“
20 Uhr, Das Da Theater
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