Man muss sich Theo Ramrath als gemäßigten Impulsiven, als lebhaften Spurenhinterlasser vorstellen, als einen Künstler, der schon lange im kompositorischen Geschäft der archaisierend gestischen Malerei und Materialcollage tätig ist. Ein erfahrender Kolorist und ebenso mutiger wie bedächtiger Arrangeur an Land gezogener Fundmaterialien.
Der bei jüngeren Künstlern nur noch selten zu findende experimentell-provokative Gestus ist ihm nicht abhanden gekommen, er wirkt nur subtil kanalisiert in poetische Gefüge, in denen die Farbgebungen Klangqualität bekommen und als laut und leise, flüsternd, raunend oder schreiend beschreibbar werden.
Glasplatten in Streifen
Oberflächenwirkung, Farbigkeit und das Hinterlassen von Spuren haben oberste Priorität. Seine jüngste Werkreihe ist aus der Not geboren und zur Reife entwickelt. Um eine Materialcollage in einen vorhandenen Rahmen zu füllen, musste ein Brett aufgesägt und aufgefüttert werden.
Zu Streifen geschnittene Glasplatten erwiesen sich als geeignetes verbindendes Füllsel. In allen ausgestellten Arbeiten finden sich solche brettdicken Glasplattenstäbe als Aufteiler, die zugleich Farbigkeit aus dem Untergrund durchscheinen lassen, eine subtile Wirkmächtigkeit der Arbeiten unterstützend.
Gebändigte Impulse
Man hat es mit freier Malerei zu tun, die sich so einen Anteil an Absichtlichkeit einverleibt, der Beliebigkeitsassoziationen tilgt. Der fremde und doch zeitlos wirkende Farbraum und Spurenkosmos, der nirgendwo zu Zeichen, Symbol, Schrift oder deutbarem Gegenstand wird, atmet, stets absichtsvoll, ruppig-rohe und sensibel veredelte Bearbeitung.
Ramrath trägt Schichten auf und wieder ab, lässt die Oberfläche zu einem Erzählraum des Gestaltungsprozesses werden, gibt den Werken tatsächliche Geschichte und nicht die Illusion davon. Spannungsreiche Kalligrapheme ohne Gezirkeltheit, aber doch mit der Aura präziser Setzung bevölkern die Spurenträger. Was hier als gebändigter Impuls spürbar wird, birst in einem seiner gestischen Gemälde in einem explosivem Duktus wilder Zeichensetzungen und dem Material abgerungener Oberflächenpräsenz.
Ramrath vermag es, Materialien und Objekte so in Silberrahmen oder Glaskästen zu inszenieren und auratisieren, dass die Gestaltung die Oberhand über die Bedeutung gewinnt, so wie bei der Kalligraphie die Buchstabenformulierung Vorrang vor dem Wortsinn hat. Die schnoddrig beleimten Glascocoons verunklären den dort schlummernden Gegenstand hinreichend, um seine Oberflächenwirkung zu betonen. Ein selbst geschaffenes Jubiläumsangebot von hohem Schauwert. /// dito
Bis 6.11.
Theo Ramrath – Tafelbilder und Materialarbeiten
22 Jahre in der Pont. 22 Galerie
Galerie Ramrath, Aachen
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