Der in Aachen lebende Kubaner Antonio Nuñez bedarf der Würdigung. Sein Frühwerk war jüngst in der Rechtsanwaltskanzlei Reitz ausgestellt, seine neueren Arbeiten in der Galerie S. und von beidem etwas in den Räumen des städtischen Kulturdezernats in der Mozartstraße Collage und Decollage sind dabei die bestimmenden Strukturen.
Ein etwas realitätsfernes Europa kannte der in Kuba mit Filmplakaten, Malerei und Holzschnitten befasste Künstler als Bildwelt im wesentlichen über die Kinofilme der 50er-60er Jahre, die in Kuba mangels Neuware noch gezeigt wurden. Diese zu seiner späteren Verwunderung hierorts gar nicht so präsenten Filme nahm er anfangs zum atmosphärischen Kulissen-Anlass für eine sehr eigenständige Regiearbeit in Gemälden.
Bezüglichkeit zum Film
Statt in Schwarzweiß sind die Filmstills als Decollage verfremdet, auch in Anlehnung an nostalgische Kratzerspuren. Nuñez malt die ausgefranst erscheinenden Fetzenstrukturen allerdings auf seine Bilder, die so nur als abgerissene Überlagerung erscheinen und erzielt damit abstrakte Wirkungen. Dieses Formvokabular bietet inhaltsunabhängige Detailreize, die er auch in graphisch ornamental angehauchten Strukturbildern frei komponiert.
In seinen jüngeren Arbeiten hat er die Bezüglichkeit zum Film in eher schwarzweiß, teils grüner Farbigkeit insofern aufgenommen, als er Breitwandformate bevorzugt. Diese Werke bestehen aus Collagen, deren komponierte Segmente mit Lösungsmitteln sehr sorgfältig auf einen Papierträger abgeklatscht werden und dabei die Farbpigmente des Druckpapiers übertragen.
Abstruses Bildgestrüpp
Teilweise überträgt Nuñez auf Kunststoffplatten, die dann als skulpturaler Bildträger in Schleifen gelegt werden, wie Filmmaterial. Auf Leinwänden, die er zum Teil auch ausdünnt, ausstanzt und zur Wand öffnet, spinnt er ein Geflecht aus insektoiden Formen, Grasnarben und vielfältigen Vorlagen, auf die ebenfalls diese Lösungsmittelabklatsche eingefügt werden.
Es entsteht ein profanesker Sphären-Kosmos düster-phantastischer und pseudoharmlos-bizarrer Stadtlandschaften und morbider Räume, in denen sich Collageüberlagerungen verdichten, die dem Betrachter Futter für ein Denken in Bildern geben. Was ein Film nacheinander erzählt, setzt Nuñez nebeneinander oder ineinander.
Die Collagen wirken teils geschnitten wie im Film mit Rückblenden, Traumsequenzen, Tricktechnik und Gruselspaß. Ein Trailer für Stimmungslagevisionen. Die zu assoziativen Träumereien verleitende Atmosphäre dieses abstrusen Bildgestrüpps verdankt sich spezifischer Vorlagesammlungen des Künstlers, malerischer Präzision und einer gekonnt die täglich anbrandende Wohlfühl-Warenwelt-Aura verfremdenden Bildregie. /// dito
WEITEREMPFEHLEN