Im gut angenommenen Park La Boverie, durch eine neue Brücke vom Calatrava-Bahnhof stracks zu erreichen, kann man es als Live-Genuß erleben.
Das Lütticher Musée des Beaux-Arts hat in seiner über 100 Jahre langen Geschichte viele Veränderungen und Unterbringungsorte erlebt, wie schon vorher die seit dem 18. Jahrhundert begonnenen kommunalen Sammlungen.
Kurz nach Eröffnung eines ersten Museumsgebäudes 1903 direkt neben der Akademie, wird zur Weltausstellung 1905 im Parc de la Boverie das ebenfalls neoklassizistische Palais des Beaux-Arts eingeweiht, das sich am Königlichen Museum für Zentralafrika in Tervuren orientiert und 50 Jahre temporären Ausstellungen und Veranstaltungen dient.
1952 entsteht dort - durch Zurücklassen der internationalen und belgischen Werke im alten Musée des Beaux Arts - ein identitätsorientiertes „Museum für wallonische Kunst“ nebst einer städtische Bestände vereinenden
Graphiksammlung.
Auch zeitgenössische wallonische und französische Künstler werden gezeigt. Das Musée des Beaux Arts wird in den 1970ern für eine Schnellbahntrasse abgerissen. Beide Sammlungen gelangen in das 1981 neu in Beton erbaute „Museum für wallonische Kunst und kulturelle Entwicklung der Wallonie“.
Im Palais des Beaux-Arts in La Boverie hingegen kommen Graphik und moderne Kunst im umbenannten „Musée d´Art moderne de Liège“ zusammen. Nach einer Restaurierungsschließung 1988-93 wird hier auch zeitgenössische Kunst im nun MAMAC genannten Museum für moderne Kunst und zeitgenössische Kunst gezeigt.
„Schöne“ und wallonische Künste werden 2011 wieder zusammengelegt und der gesamte Fundus nach dreijährigem Umbau ab jetzt im neuen „Musée des Beaux Arts“ gezeigt.
Es sind tausende Zeichnungen und Graphiken vorwiegend des 19. Jhs. und hunderte frankophile und flämische Gemälde, seit den 30ern durch Ankäufe von den Nazis gegen Devisen verhökerter „entarteter“ Maler und dann durch Schenkungen zeitgenössischer Kunst bereichert, zuletzt einem Konvolut von Raoul Ubac.
Das Alles wird im Kellergeschoss und in künftigen Ausstellungen präsentiert. Durch die knappe Vorbereitungszeit nach dem Umbau etwas aufgereiht, ergibt sich doch ein hochkarätiger Themen-Einblick in die Bilder vom Beginn der Freizeitkultur und der Ambivalenz zur Natur, das den modernen Menschen seit der Aufklärungszeit prägt, wie ein Katalogtext von Vincent Pomarède erhellt.
Der in Naturgottheiten aufgespaltenen Natur ängstlich unterworfen, ihre paradiesische Fülle ersehnend, prägen Furcht und Ausbeutung, Existenzsicherung und Inspiration das Verhältnis des Menschen zur Umwelt.
Monotheistisch auf einen Schöpfer reduziert, wird Natur Manifestation göttlichen Planens und Forschungsfeld.
Naturgesetze, Erkenntnisse der menschlichen Natur, Technologie und selektive Darstellungen im Bild bilden ein Gerüst für ein neues Naturverständnis, das den Mensch zum Ausbeuter und Konsument macht und die entschärfte Natur zum Raum für Entspannung, Spaziergänge und Freizeit, die, immer schon Teil der Gesellschaft, mit der Industrialisierung organisiert, generalisiert und demokratisiert bzw. von Moralisten verlastert wird.
Sonntagsruhe, sich ausweitender Urlaub und zugestandene Ferien bieten freie Zeit für Schulung, Müßiggang, Erholung, Ablenkung, Sport, Spiel und Naturtourismus (wandern, bergsteigen, strandbaden, schwimmen), den die Eisenbahn zum bezahlbaren Vergnügen macht.
Dafür liefern Künstler Bilder, Ideale, Idyllen, Ausblicke, Boulevardkultur und Darstellungen der neuen gesellschaftlichen Realitäten. Zu verfolgen in neun Themenblöcken der Ausstellung „en plein air“. \dt
Neuer Anbau
Der französische Architekt Rudy Ricciotti hat mit dem Lütticher Büro p.HD das renovierte klassizistische Museumsgebäude zum Kanal im Süden hin durch eine aufgestelzte Glasvitrine erweitert und reduziert sachlich als Lichtbühne aktualisiert, innen durchzogen von einer Fensterarkade gespreizter Stützpfeiler, die sich in realen Baumreihen im Inselpark fortsetzen.
Mehr was für Veranstaltungen, als für Ausstellungen, die eingestellte Kabinette benötigen. Die Ausstellung läuft noch bis zum 31. August. \dt
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