Der Ärger bleibt. Bei einer Bürgerinformation Ende Januar hat die Stadt Aachen die Anwohner des Musikbunkers über den möglichen Bau einer Lärmschutzwand informiert. Diese würde einige der Probleme eindämmen. Doch gewollt ist sie nicht. Die Einladung in die Burg Frankenberg erhielten die Anwohner über eine Postkarte in ihrem Briefkasten. Und sie kamen zahlreich.
Von Christina Rinkens
Geladen hatte die Stadt Aachen, um einen ersten Lösungsvorschlag für die Lärmschutzprobleme rund um den Musikbunker zu präsentieren. Nachdem man sich zuletzt vor Gericht getroffen hatte, vor dem der Klage einer Anwohnerin stattgegeben wurde, hatte die Stadt vorgesorgt und einen neutralen Mediator aus Dortmund für die Moderation des Abends engagiert.
Das erwies sich auch bald als ein kluger Schachzug, denn die Gemüter kochten schon nach wenigen Minuten hoch. Dass die Stadt an einer Lösung interessiert ist, liegt vor allem daran, dass sie nach wie vor beabsichtigt, den Musikbunker zu kaufen. Und damit aus Eigentumsinteresse agiert und ganz klar ein vitales Interesse am Erhalt der Möglichkeiten für die Musikszene interessiert ist, die der Musikbunker bietet.
Doch klar ist nach dem Gerichtsurteil auch: Es liegt eine Lärmbelästigung für die Anwohner durch die Besucher des Musikbunker vor. Wenn der Musikbunker e.V. weiterhin eine Konzession für Veranstaltungen mit bis zu 400 Personen Personen erhalten soll, muss eine Lösung her. Und die könnte die 30 Meter lange Lärmschutzwand bringen. Zusätzlich zu weiteren geplanten Umbaumaßnahmen, um die Konzession zu erhalten – beispielsweise die Schaffung eines Behinderteneingangs und einer Anlieferungszone auf der Südseite des Bunkers. Und ein schallisolierter Raucherbereich im Souterrain.
„Das ist Großstadt“
Im Sommer hat es eine schalltechnische Bestandsaufnahme gegeben, die selbst die Stadt in dem Maß noch nicht erlebt hat. Ein Gutachter aus Alsdorf hat Zählungen, Videoaufzeichnungen, Befragungen und Lärmberechnungen vorgenommen. Das Ergebnis: Die Lärmemission der Besucher des Musikbunkers ist gegenüber dem Bahn- und Straßenverkehr und vor allem gegenüber dem Lärm anderer Leute im Frankenberger Park gering.
Eine nachgewiesene Lärmbelästigung durch klar dem Musikbunker zuzuordnende Personen – 3 dBa über dem Richtwert von erlaubten 45 dBa in der Nacht – liegt nur für die ersten fünf Häuser der Rehmannstraße vor, die direkt am Eingangsbereich des Musikbunkers liegen. „In der Rehmannstraße 2 zum Beispiel“, so Klaus Meiners, stellvertretender Leiter des Fachbereichs Umwelt, „liegt keine Überschreitung vor – diese Häuser haben faktisch kein Lärmschutzproblem.“
Eine Aussage, die für die bei der Bürgerinformation anwesenden Anwohner nicht verständlich ist. Die Stadt denke viel zu kurz, wenn sie nur die Lärmbelästigung am Eingang des Bunkers beachte. Viel schlimmer seien die Belästigungen im Park. Ihrer Meinung nach seien die Besucher des Musikbunkers für die Probleme im Park mitverantwortlich: „Die Leute verteilen sich abends nicht, das ist das Problem, sie bleiben im Park“; „Morgens ist der Park voll mit Glas“; „Die Personen erledigen ihre Notdurft im Park“; „Ich habe – platt gesagt – keine Lust mehr, auf nackte Ärsche zu schauen.“ Es seien auch schon Beamte des Ordnungsamtes im Park verprügelt worden und man sei „froh, selbst noch keine gelangt bekommen zu haben“. Denn meist sei weder Polizei noch Ordnungsamt anwesend. Man könne den „normalen“ Nutzer des Parks – Familien, Jugendgruppen, Akrobaten – ganz klar von den Veranstaltungs-Leuten auseinander halten. Doch genau das ist nicht möglich.
Der Park habe nun mal eine sehr hohe Aufenthaltsqualität, das dies auch zu Problemen führen kann, ist kein reines Frankenberger Problem, sondern ebenso auch am Hangeweiher oder im Westpark der Fall. „Das ist Großstadt.“ Fakt ist: Sobald die Besucher den Bunker verlassen, den Eingangsbereich gesittet passieren und sich im Park befinden, sind sie nicht mehr dem Musikbunker zuzuordnen. Und der durch diese Personen entstehende Lärm dementsprechend auch nicht. Und das die Besucher des Musikbunkers für die Probleme im Park mitverantwortlich sind, ist nicht mehr als eine These.
Keine Berliner Mauer
Eine Lösung für das direkte Problem am Eingangsbereich könnte also die Lärmschutzwand bringen. Vorschläge, den Ausgang komplett auf die Hinterseite des Musikbunkers zu verlegen, sei laut der Stadt nicht möglich. „Dort hinten befinden sich zum Einen ein Privatgelände und eine Schule, zum Anderen kann man die Gäste nicht auf einen dunkeln, langen Weg auswärts der Stadt schicken, irgendwann müssen sie immer zurück in Richtung Innenstadt“, so Klaus Meiners. Mehrere Eingänge sind ebenfalls vor allem personell nicht umsetzbar und auch wenig erfolgsversprechend.
Mit der Mauer, deren Entwurf das Architekturbüro 3plus Freiraumplaner entwickelt hat, könnte man die ersten fünf Häuser der Rehmannstraße – vonseiten des Bunkers gesehen – vor dem Lärm schützen. 30 Meter lang, sich ansehnlich in den Park faltend und in schlichter Holzoptik gehalten, würde die Mauer immer nur so hoch sein, wie sie an der entsprechenden Stelle sein muss. Acht dBa des Lärms würde sie sogar schlucken, fünf mehr als erforderlich. So konstruiert, dass auch die oberen Stockwerke von dem Schutz profitieren. „Aber sie ist und bleibt eine Mauer“, so Architekt Norbert Kloeters.
Genau davor fürchten sich die anwesenden Anwohner. Dass die Mauer durch entstehende Dunkelräume zu neuen Angstherden führt, den Park weniger schön wirken lässt und ein neues Lärmzentrum am Ende der Mauer entsteht. Klare Aussage der Anwohner: Die Mauer wollen sie nicht. Auch ein Appell von Lars Templin, dem Geschäftsführer des Musikbunker e.V., er halte die Mauer nach reichlicher Überlegung und anfänglicher Skepsis für die richtige Lösung, kann nicht viel ausrichten.
Das Fazit des Abends: Eine Lösung zu finden, mit der alle Parteien leben können, wird schwierig bleiben. Für die Anwohner ist die Lösung nicht die Lärmschutzwand. Das bekräftigen die Anwesenden des Abends mit lautem Beifall gegen die Mauer. Die Stadt verspricht eine zweite Gesprächsrunde, in der weitere Lösungsansätze besprochen werden sollen. Eine letzte Wortmeldung einer Anwohnerin: „Ich würde ja auch gerne mal bei offenem Fenster schlafen.“ Da müssen sogar ihre Nachbarn sagen: „Wir wussten alle, worauf wir uns einließen, als wir in die Innenstadt gezogen sind.“ \
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